Ich nähe mir ein Dirndl Teil 2 - Das Mieder... gute Nerven vorausgesetzt


Guten Morgen Ihr Lieben,

wie versprochen geht es heute weiter mit dem Bericht zum Dirndl nähen.

Die durchaus größte Herausforderung beim Dirndl nähen ist das Mieder. Je nachdem was man sich so vorstellt kann es einen in den kompletten Wahnsinn treiben. Vor einem Jahr wollte ich UNBEDINGT ein Schneewittchendirndl. Es hat einen aufgestellten Kragen und war seit vielen Jahren mein absoluter Favorit. Dafür hatte ich mir das passende Schnittmuster von

 

gekauft und los gelegt.

Das Schnittmuster ist wunderbar erklärt aber ich selbst würde behaupten dafür muss man schon ein bisschen besser nähen können, als ich es damals konnte. Es sind Paspeln vorgesehen die zwischen die Nähte eingefasst werden und das Rückenteil besteht aus 3 Teilen. Das garantiert eine tolle Passform, wenns denn sitzt, wenn nicht zippelt es an allen Ecken und Enden. Mich hat es schlichtweg überfordert und aus diesem Grund habe ich mich diesmal für ein schlichteres Modell entschieden. Zum üben sozusagen, denn das Schneewittchendirndl bleibt immer noch eins meiner Favoriten.

Mein jetziges Mieder ist nach einer Anleitung aus der Dirndlrevue von 2018.

Modell 1 "Emilie"




Das Vorderteil besteht aus 4 Teilen mit einer mittleren Teilungsnaht und der Rücken ist 1 Teil. Für mich und meine Figur offenbar erst einmal besser geeignet. Auch hier sind an den Kanten des Ausschnitts und der Ärmel Paspeln eingearbeitet, aber die habe ich einfach weg gelassen. Ich wollte es so einfach wie möglich aber gut sitzend.

Und so hab ich voller Elan losgelegt. Es ist auf jeden Fall erwähnenswert dass es die Schnittmuster in der Dirndlrevue nie von 32 bis 48 gibt. Die meisten Modelle gibt es in 3 Größen, das kann mal von 36-40 sein oder von 40-44. Auch gibt es keine richtige Anleitung. Beim Modell selbst steht garnichts und im Heft ist eine DIN A4 Seite eingebunden auf der wirklich sehr rudimentär die Schritte erklärt werden. Wie es in der Facebookgruppe von Dirndlschleifchen jemand treffend kommentierte "Die Dirndlrevue geht davon aus dass man weiß was zu tun ist". Das trifft es auf den Punkt. Ich war sehr froh dass ich oben erwähntes Schnittmuster vom Schneewittchendirndl hatte, denn die Arbeitsschritte bleiben die Gleichen, wenn auch mit weniger Teilen und ohne Paspeln.

Aufgrund des im vorherigen Posts erwähnten Desasters mit dem verwendeten Nähvlies, war ich sehr froh dass ich im Online Shop des Chiemgauer Heimatwerks fündig wurde. Es wird empfohlen eine "aufbügelbare Gewebeeinlage" für Dirndlmieder zu verwenden. Diese Einlage sieht aus wie dünn gewebte Baumwolle und ist auf einer Seite mit einer Klebeseite versehen. Beim Aufbringen auf den Stoff darf das Bügeleisen nicht hin und her geschoben werden sondern soll immer 10-13 Sekunden auf eine Stelle des Stoffs gedrückt werden usw. usw. Das dauert lang aber nur so vermeidet man dass der Kleber hin und her geschoben wird und der Stoff dann evtl. Wellen schlägt. Außerdem unbedingt darauf achten die Einlage auch im Fadenlauf zuzuschneiden.

Nun aber zu meinem Versuch "Dirndlmieder", Klappe 1:

Ich habe den Schnitt abgepaust, ein wenig an der Taille erweitert (da liegen bei mir Schokolade usw.) und auf den Stoff übertragen. Unterschiedliche Nahtzugaben (bei Teilungsnähten 1 cm, an den Seitennähten und an der unteren Kante 3 cm) angezeichnet, alles ausgeschnitten und losgenäht. Beim Anprobieren hab ich mich noch gewundert dass an der Seite sooooo viel Platz ist und hab beherzt angefangen abzustecken. Ist immer etwas schwierig wenn man es allein macht aber man will ja los legen.

So sah es dann nach dem anpassen aus:


Die Falten unter der Brust haben mich noch ein wenig gestört aber gut, kann ja nicht sofort super sitzen, klappt dann sicher mit der Einlage besser. (Dass der Reißverschluss verboten schlecht eingeheftet war hab ich großzügig übersehen)

Ja und dann... beherzt zum Bügeleisen gegriffen und die Gewebeeinlage aufgebügelt.

Wie ich gestern erwähnt habe, hat der Stoff einen kleinen Elasthananteil. Viele kämen jetzt auf die Idee sich zu fragen ob das dann alles noch so sitzen kann wenn die Einlage aufgebügelt ist, denn... ich hatte eine Baumwolleinlage, keine dehnbare. So gaaaanz kurz kam mir der Gedanke aber schnell verworfen, ach was, wird schon passen.

Nahtzugaben waren bereits schön zurück geschnitten, das Mieder wieder auseinander genommen, Einlage aufgebügelt, alles wieder zusammen geheftet, anprobiert... ääähhhmmmmm, ok, von Größe 40 auf 34 geschrumpft. Ach, hab ja jede Menge Nahtzugabe an den Seiten. Nächstes ääääähmmmm, nee hab ich nicht, wieso nicht???? Tja, wenn man 3 cm Nahtzugabe einzeichnet, allerdings bei 1 cm heftet und sich dann wundert dass so viel Platz ist und entsprechend absteckt, dann liegt die Nahtzugabe die einem ermöglichen soll das Mieder anzupassen, abgeschnitten im Papierkorb. Räusper.... ruuuuhhiig bleiben, wuuuuuuuuuuuuuussssssssssaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa.

In dem Moment habe ich mir selbst gedankt dass ich erstes, gleich mal die doppelte Menge an Gewebeeinlage bestellt hatte und zweitens, der Restestoff 2 m lang war (somit fast 3x größer als für ein Mieder nötig).

Also... "Dirndlmieder" Klappe 2:

Wieder übertragen, zugeschnitten, Einlage aufgebügelt und erstmal über Nacht ruhen lassen, inklusive meiner Person.

Am nächsten Morgen bin ich voller Elan in den zweiten Versuch gestartet. Ich habe die Seitennaht richtig genäht, habe das Mieder von meiner Mama abstecken lassen, habs angepasst, wieder auseinander genommen, den Schnitt erneut abgenommen (das Futter muss ja genau so aussehen wie der ursprüngliche Schnitt für den Oberstoff) und wieder zusammengeheftet.

Danach saß es schon mal sehr gut und dann gings ans Futter. Erst wollte ich den blaugrauen Stoff als Futterstoff verwenden aber da ich keine Paspeln eingenäht habe, war klar dass man das Futter an den Kanten sehen könnte. Ich bin heute noch sprachlos dass mir das VORM nähen klar geworden ist. Also habe ich das Futter aus dem selben Stoff, wie den Oberstoff zugeschnitten.

Beides zusammen genäht und vorm nächsten Problem gestanden. Wie zur Hölle nähe ich die beiden aufeinandertreffenden Nähte des Vorderteils zusammen? Auseinander gebügelt hab ich viel zu weit runter genäht, alles am zuppeln. Also beherzt auf eine Seite gebügelt und mit der Maschine drüber gerauscht. Da war der Tag auch schon wieder in die Abendstunden abgedriftet und ich habe einfach mal mächtig drüber gebügelt und gehofft das wird sich bis zum nächsten Morgen auf wundersame Art und Weise perfekt anlegen. Äh ja... Wichtelmännchen waren wohl noch im Urlaub, hat nicht geklappt.

Auf dem Foto sieht man an der linken Naht (rechts im Bild) den Knubbel noch recht deutlich.


Ich bin manchmal ein schrecklicher Perfektionist und habe dabei schon oft viel mehr kaputt, als besser gemacht. So habe ich dann in der Nacht auch prompt von riesigen Löchern im Stoff geträumt.

Immer wieder auftrennen macht mich nervös und ich war mehr als einmal froh dass ich so einen festen Stoff und keinen dünnen Baumwollstoff gekauft hatte.

Also wieder eine Nacht drüber geschlafen, nochmal Fotos von Dirndln angeschaut und zu der Erkenntnis gekommen dass das nicht SO gehört. Das muss anders, bei den anderen siehts doch auch schöner aus.

Also doch nochmal alles umgedreht und mit anzeichnen durch den Magic Pen habe ich es geschafft mit auseinander gebügelten Nähten die Linie zu halten. UND... es hat sich wirlich gelohnt. Keine Gedanken mehr von wegen "ach, näh ich einfach eine Seidenrose drauf" sondern nur noch dieses schöne Gefühl "jetzt ist es so wie es sein soll".

Ja und dass ist nun das derzeitige Ergebnis:



Reißverschluss und Seitennähte nur geheftet weil zu dem Zeitpunkt die Taille noch nicht bestimmt war aber für mich so gut wie perfekt.

Ich sehe immer wieder Fotos von Dirndln (egal ob selbst genäht oder von der Stange), auf denen so klar zu sehen ist dass das Mieder nicht sitzt. Entweder schlägt es längs oder quer Falten, steht ab oder es ist viel zu lang. Dann sitzt der Rock zu tief. Es erscheint oft ein wenig befremdlich wenn man die Taille festlegt aber die sitzt tatsächlich sehr hoch (ca. Höhe des Bauchnabels oder 1 Fingerbreit darüber) und da setzt man den Rock dann auch am Mieder an.

Im Moment gibt es nur eine ganz kleine "Welle" im Mieder auf der linken Seite. Erstens muss der Reißverschluss ganz gerade eingenäht werden (was mir beim heften nicht zu 100% gelungen ist) und zweitens zieht das Gewicht des Rocks dann auch noch ein wenig nach untern. Mir ist das extrem wichtig und mit einem total faltigen Dirndl hätte ich keine Freude. Ich bin selbst auch eher der "klassische" Typ und mag es dass mein Dirndl sehr schlicht wird. Aber jedem das Seine. Auch besonders ausgefallene Kreationen sind oft ein enormer Hingucker, wären aber nicht meine erste Wahl.

Für mich scheint also das "Schwierigste" erstmal geschafft zu sein und so arbeite ich im Moment an der Schürze zum Dirndl. Für den Rock, das Falten berechnen usw. brauche ich etwas mehr Zeit und deshalb werde ich dafür ein freies Wochenende nutzen. Die Dirndlschürze wird "gestiftelt" und das lässt sich abends auch schön neben dem fern schauen erledigen.

Dazu demnächst mehr!

Wer bis hierher gelesen hat bekommt das Abzeichen "Dein Dirndl ist schon fast fertig" und ein dickes Bussal.

Euer
Bavarianbohogirl








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